Über 220 Fachkräfte der Kindertagesbetreuung, Schulen, aus Verwaltungen sowie Caterer und Ernährungsexperten diskutieren heute über notwendige Rahmenbedingungen und Kosten gesunder Verpflegung für Thüringer Kita- und Schulkinder. Die bessere Ernährung Thüringer Kinder ist oberstes Ziel des 2. Fachtages für Kita- und Schulverpflegung. Eingeladen hatten die Servicestelle Ernährung für Kinder und Familien und die Vernetzungsstelle Schulverpflegung Thüringen gemeinsam.

Kosten sind Hauptdiskussionspunkt

„Was muss und darf ein Essen in Kita und Schule kosten“, fragte Ernährungswissenschaftlerin Prof. Dr. Ulrike Arens-Azevedo von der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) in Hamburg. Sie zeigte auf, wie sich die Preise zusammensetzen und was damit ein Essen kosten sollte. Die Experten der Servicestelle für Ernährung für Kinder und Familien sowie der Vernetzungsstelle Schulverpflegung rechnen damit, dass es mit der verbindlichen Umsetzung des Mindestlohnes zu Essenpreiserhöhung durch ansteigende Personalkosten kommen kann. Anhand der Ausführungen von Frau Arens-Azevedo können die Teilnehmer die in den Einrichtungen üblichen Essenpreise besser einschätzen. Denn an den Kosten für eine gesunde Verpflegung und Ernährung scheint sich die Diskussion über diese häufig aufzuhängen. Diesen Verdacht bestätigte jüngst auch die Studie zur Ernährung in Kindertagesstätten „Is(s)t Kita gut?“ der Bertelsmann Stiftung vom Juni dieses Jahres. Die Studie, die von Arens-Azevedo geleitet worden ist, zeigt auch: Durch eine qualitative hochwertigere, gesündere Verpflegung müssen die Kosten nicht steigen.
So kann zum Beispiel weniger Fleisch auf dem Speiseplan sogar zu Kosteneinsparungen führen. Da sowohl die Ernährungsstudie als auch Untersuchungen der Verbraucherzentrale Thüringen zeigen, dass bei einem Großteil der untersuchten Kitas und Schulen zu viel Fleisch auf dem Speiseplan steht, würde dies zugleich einen Gewinn für die Gesundheit bedeuten. Essensanbieter, die seltener Fleischgerichte kochen, könnten diese Einsparung in Lebensmittel höherer Qualität investieren. Im November wird Frau Prof. Arens-Azevedo dieses Bild mit einer Studie zum Schulessen möglicherweise erneut bestätigen.

Kindgerechtes Essen anbieten

Zu selten Obst, Gemüse und Vollkornprodukte, zu häufig Fleisch und Wurstwaren und oft Frittiertes – dieser Mängel der Speisepläne in Thüringer Schulen und Kitas sind sich die meisten Tagungsteilnehmer bewusst. Viele Gerichte sind noch dazu nicht kindgerecht oder für ältere Schüler einfach unattraktiv. „Dabei sind ein gutes Angebot, Auswahlmöglichkeiten und ein angenehmes Ambiente oft Schlüsselthemen beim Essen“, betont Alexandra Lienig, Leiterin der Vernetzungsstelle Schulverpflegung.
„Schafft man es darüber hinaus, die Verantwortlichen für das Thema zu sensibilisieren, ist die Lösung oft gar nicht schwer“, weiß Karina Pfadenhauer, Leiterin der Servicestelle Ernährung für Kinder und Familie, aus ihrem Arbeitsalltag. „Kleinere Portionen, das gesamte Essensangebot der Caterer ausnutzen, möglichst unterschiedliche Gemüse anbieten, damit es eine Alternative zu absolut Ungeliebtem mancher Kinder gibt – das sind nur einige Maßnahmen, mit denen wir schon deutliche Verbesserungen für die Ernährung erzielen konnten.“ Zum Fachtag stellen Pfadenhauer und Lienig solche positiven Beispiele vor, geben praktische Tipps und diskutieren mit den Verantwortlichen.

In der Kita gelernt, in der Schule und dem weiteren Leben beibehalten

Die Zahlen der Schuleingangsuntersuchungen in Thüringen bestätigen nach wie vor, dass in Thüringen überdurchschnittlich viele Kinder übergewichtig beziehungsweise adipös sind. Diesem Trend soll langfristig entgegengewirkt werden. „Gleichzeitig ist der Einsatz für gesunde Kita- und Schulverpflegung für uns auch eine Vorsorgemaßnahme“, sagt Guido Dressel, Leiter der Landesvertretung der Techniker Krankenkasse (TK). Die TK ist Gesundheitspartner der Fachtagung und unterstützt die Servicestelle Ernährung für Kinder und Familien finanziell.
In den frühen Lebensabschnitten eines Menschen werden entscheidende Einstellungen und Verhaltensweisen für das ganze Leben geprägt. Wachsen Kinder mit einer schmackhaften und gesunden Kost auf, ist es umso wahrscheinlicher, dass dies positive Auswirkungen auf das lebenslange Ernährungsverhalten hat.

Vom Elternhaus bis zum Caterer alle Beteiligten vernetzen

Auf der Fachtagung für Kita- und Schulverpflegung werden alle an der Essensversorgung Beteiligten gemeinsam geschult und sollen in intensiven Austausch treten. „Elternhaus, Kindertagesbetreuung, Schulen, Familien bildende Einrichtungen und Essensanbieter müssen an einem Strang ziehen“, sagt die Kuratorin der Stiftung FamilienSinn, Rosemarie Schmack-Siebenlist-Hinkel. „Geht es um Kindergesundheit, kann eben nicht jeder sein eigenes Süppchen kochen. Dafür brauchen sowohl Eltern als auch Fachkräfte Unterstützung.“
Das liege auch an den vielen Dimensionen, von denen die Qualität in der Kita-und Schulverpflegung abhängt. Dazu zählen zum Beispiel die Ernährungs- und Elternbildung, Ablauf und Organisation, Ernährungsphysiologie und Sensorik. Hinzu kommen Hygiene, Raumgestaltung und Essatmosphäre, sowie Abrechnungsmodi. Kaum einer der Beteiligten an der langen Wertschöpfungskette von der Nahrungsproduktion bis zum Teller kann alle Aspekte im Blick haben. Hier setzen die Servicestelle Ernährung für Kinder und Familien ebenso wie die Vernetzungsstelle Schulverpflegung an: als vernetzende Instanzen bringen sie Experten zusammen, behalten den übergeordneten Blick und bieten eigene Schulungen an.