Bundesernährungsminister Christian Schmidt hat am 25.11.2014 in Berlin eine neue Qualitätsoffensive für ein gesundes Schulessen ausgerufen und eindringlich für eine gemeinsame Strategie von Bund, Ländern, Kommunen und Schulen geworben. „Vieles hat sich in den letzten Jahren verbessert. Aber unser Ziel muss es sein, dass Deutschland bei der Schulverpflegung im positiven Sinne ein Streber wird und bundesweit Bestnoten erzielt. Eltern müssen sich darauf verlassen können, dass ihre Kinder in der Schule etwas Vernünftiges zu essen bekommen“, sagte Bundesminister Christian Schmidt anlässlich der Eröffnung des Bundeskongresses Schulverpflegung.
Nicht immer sei die Qualität des Schulessens auf dem gewünschten Niveau. Jeder müsse sich fragen, was er wie dazu beitragen kann, damit Schulessen erstklassig wird. Vorrangig gelte es, verbindliche Qualitätsstandards in den Ausschreibungen zu verankern und Mechanismen zur Qualitätskontrolle zu etablieren.

Über 300 Teilnehmer aus Politik, Bildung, Wissenschaft, Schulverwaltung, Schulverpfleger und Caterer, Ernährungs- und Gesundheitsexperten, Schulleiter, Lehrer, Vertreter der Eltern und Schülerschaft sowie Medienvertreter waren in Berlin zusammengekommen, um Ideen, Impulse und Handlungsempfehlungen für die Zukunft der Schulverpflegung zu präsentieren und zu diskutieren. Auch Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe nahm an der Veranstaltung teil und richtete ein Grußwort an die Teilnehmer. Immer mehr Kinder und Jugendliche verbringen über viele Jahre hinweg den längsten Teil des Tages in der Schule. Aufgrund dieser Entwicklung kommt einer ausgewogenen Verpflegung und einer fundierten Ernährungsbildung an Schulen eine immer größere Bedeutung zu.

Wie ist es um die Qualität des Schulessens bestellt?

Im Auftrag des BMEL und im Rahmen von „IN FORM – Deutschlands Initiative für gesunde Ernährung und mehr Bewegung“ hat die Hamburger Hochschule für Angewandte Wissenschaften bundesweit Schulleitungen und Schulträger sowie Schülerinnen und Schüler unterschiedlicher Schulformen befragt. Hierbei ist die bislang größte Studie zur Qualität der Schulverpflegung in Deutschland entstanden.
„Die Ergebnisse zeigen ein sehr differenziertes Bild der Verpflegungssituation in den Schulen. Vieles hat sich in den letzten Jahren verbessert: Salatbuffets gehören bereits bei einem Drittel der Schulen zum Standard, mehr als zwei Drittel bieten kostenlose Getränke zum Essen an. Und vor allem in weiterführenden Schulen haben die Schülerinnen und Schüler mehr Auswahl als früher. Dennoch sind die Herausforderungen nach wie vor groß. Die Vielfalt des Angebots und die Qualität des Schulessens können häufig noch deutlich verbessert werden“, so die wissenschaftliche Leiterin der Studie, Professor Dr. Ulrike Arens-Azevedo.
Weitere Ergebnisse der Studie:

  • Nach Auskunft der Schulträger schwanken die Preise für die Mittagsverpflegung (meist inkl. Dessert und Getränk) zwischen 1,50 und 3,27 Euro für die Grundschulen (Durchschnitt: 2,83 Euro) und 1,50 und 3,68 Euro in weiterführenden Schulen (3,05 Euro). Die Zuschüsse der Schulträger zum Mittagessen schwanken zwischen 0 und 2,50 Euro pro Mahlzeit.
  • Ein von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) und den Vernetzungsstellen Schulverpflegung empfohlener Verpflegungsausschuss, der sich um das Schulessen kümmern sollte, wird selten genannt (6,9 Prozent).
  • In nur 39 Prozent der Schulen dauert die Mittagspause länger als 45 Minuten, wie es die DGE mindestens empfiehlt.
  • Aus den Speiseplänen wird ersichtlich, dass mit Blick auf lange Transport- und Warmhaltezeiten zu viele ungeeignete Gemüsesorten im Angebot auftauchen.
  • Der überwiegende Teil der Schulleitungen (77 Prozent) berichtet, Ernährungsunterricht und -projekte anzubieten. Aber: Vielfach werden diese Einheiten nicht wöchentlich (45 Prozent), sondern in jeweils einem Viertel der Fälle sogar nur halbjährlich oder jährlich realisiert.

Schüler bewerten Schulessen gut bis befriedigend

Insgesamt geben die über 12.000 befragten Schülerinnen und Schüler dem Schulessen (inkl. Raumgestaltung, Rahmenbedingungen) die Durchschnittsnote 2,5 im Primarbereich und 2,6 im Sekundarbereich. Dennoch ist die Wunschliste der Schülerinnen und Schüler lang: Sie reicht von persönlichen Essenswünschen über Anmerkungen zur Sauberkeit und Hygiene bis hin zur Raumgestaltung. „Die Umfrage zeigt, dass Schüler das Mittagessen durchaus wertschätzen und gerne Neues ausprobieren. Auf der anderen Seite sind die Speisepläne zum Teil noch sehr herkömmlich. Wir brauchen mehr moderne Speisepläne und zugleich mehr Mitsprache für die Schülerinnen und Schüler. Als einen Beitrag dazu wollen wir einen Schülerwettbewerb ausloben, der gute Ideen für erstklassiges Schulessen und das Engagement von Schülern auszeichnet“, so Ernährungsminister Schmidt.

DGE-Qualitätsstandard muss verbindlich werden

Wie eine gute Schulverpflegung aussehen muss, definiert der DGE-Qualitätsstandard für die Schulverpflegung. Dieser besagt im Wesentlichen: Jeden Tag Gemüse, Salat oder Rohkost und Trink- oder Mineralwasser. Dazu mindestens zweimal die Woche Obst und Milchprodukte, Fleisch maximal zweimal, Seefisch mindestens einmal in der Woche. Zwar kennen mehr als die Hälfte der befragten Schulleitungen, je nach Bundesland bis zu 100 Prozent, den DGE-Standard. Aber: Dort wo er bekannt ist, geben nur etwa die Hälfte an, dass er auch umgesetzt wird. Eine Qualitätskontrolle findet nur selten statt (27,7 Prozent). Und vertragliche Regelungen zur Qualität des Schulessens (Leistungsverzeichnisse) liegen nur in den Stadtstaaten zu 100 Prozent vor. „Die Standards sind kein Hexenwerk. Wenn das Essen dann noch hygienisch einwandfrei, nicht verkocht und zudem schmackhaft ist, ist die Rezeptur gegeben für eine ausgewogene und abwechslungsreiche Schulernährung“, sagte Schmidt.
„Unser Ziel ist es, dass der DGE-Qualitätsstandard für die Schulverpflegung flächendeckend Beachtung findet. Dabei spielt auch die Qualifizierung aller, die mit der Verpflegung unserer Kinder befasst sind, eine zentrale Rolle“, so Ernährungsminister Schmidt. Beides müsse fester Bestandteil des pädagogischen Gesamtkonzeptes einer Schule sein. „Warum ist heute die Ernährungsbildung nicht ebenso wichtig wie der Dreisatz, warum gibt es anerkannte und beachtete Sicherheitsstandards für die Turngeräte in der Sporthalle, aber keine für die Qualität des Schulessens?“, fragt Schmidt. Um die genannten Ziele zu erreichen, kündigte er die Einrichtung eines Nationalen Qualitätszentrums Schulessen bei der DGE an.

Vernetzungsstellen Dreh- und Angelpunkt der Aktivitäten

Darüber hinaus kommt den gemeinsam von Bund und Ländern im Rahmen von IN FORM in allen 16 Bundesländern eingerichteten Vernetzungsstellen Schulverpflegung eine bedeutende Rolle zu. „Sie bleiben der Dreh- und Angelpunkt unserer Aktivitäten. Wir werden diese Beratungsstellen für Schulträger, Schulen und Schulverpfleger gemeinsam mit den Ländern weiter unterstützen“, sagte Bundesminister Schmidt.

Ernährungsbildung ist eine Verpflichtung ersten Ranges

„In der Gesundheits- und Ernährungsbildung tragen wir alle eine große Verantwortung, unseren Kindern das bestmögliche Rüstzeug mit auf den Weg zu geben. Zu Hause, in der Kita und in der Schule werden die Ernährungsgewohnheiten entscheidend geprägt, die uns oftmals ein Leben lang begleiten. Hier ist es eine Verpflichtung ersten Ranges dafür zu sorgen, dass wir es ernst meinen mit unserer Ernährungsbildung. Dies fängt bei der Wertschätzung der Lebensmittel an, reicht über die Vermittlung des Einmaleins‘ der Nahrungsmittel und ihrer Zubereitung und endet bei der eigenen und gesellschaftlichen Verantwortung für eine ausgewogene Ernährung“, sagte Schmidt. Ernährungsbildung und Essensangebot müssten Hand in Hand gehen.

Qualitätsoffensive zur Verbesserung des Schulessens in Deutschland

Aufbauend auf den Untersuchungsergebnissen umfasst die Qualitätsoffensive zur Verbesserung des Schulessens in Deutschland fünf Handlungsfelder:

  1. Der Qualitätsstandard für die Schulverpflegung soll verbindlich sein!
    Die Qualität des Schulessens darf nicht dem Zufall überlassen werden. Schließlich geht es darum, Grundlagen für ein gesundes Leben zu schaffen. Diejenigen, die die Verpflegung beauftragen müssen den Qualitätsstandard einfordern. Dass es geht und wie es geht, zeigen bereits viele gute Beispiele. Das BMEL und die Vernetzungsstellen Schulverpflegung sind bereit, alle Beteiligten bei diesem Prozess zu unterstützen.
  2. Wir brauchen einen Ernährungs-TÜV für Anbieter von Schulessen!
    Anbieter von Schulessen müssen sich qualifizieren, um an Schulen als Anbieter von Mittagsverpflegung zugelassen zu werden. So kann Warmhalteverpflegung nur funktionieren, wenn die Warmhaltezeiten kurz sind. Drei Stunden verkochter “Ätzspinat“ verdirbt den Spaß am Essen. Diejenigen, die die Verpflegung beauftragen müssen einen Qualifizierungsnachweis von ihren potentiellen Lieferanten einfordern. Dafür wird die DGE künftig die Funktion eines Nationalen Qualitätszentrums Schulessen übernehmen. Sie soll zum einen Hüterin über die Qualitätsstandards sein und zum anderen federführend bei der Qualifizierung der Caterer sein.
  3. Die Verpflegung muss zur Chefsache werden!
    Schulverpflegung muss in direkter Verantwortung der Schulleitung liegen. Sie muss Teil des Schulkonzeptes sein – so wie auch eine begleitende Ernährungsbildung unverzichtbar ist. Die Schulverpflegung sowie die Verpflichtung, nach DGE-Standard zu verpflegen, sollte Eingang in den Schulalltag finden, die gesundheitsfördernde Schule als Grundsatz der Schulpolitik verankert werden. Überall dort, wo Schülerinnen und Schüler verpflegt werden, sollten Verpflegungsausschüsse als Hüter über die Qualität des Schulessens tätig werden, in denen Eltern-, Lehrer- und Schülervertreter und Anbieter an einem Tisch sitzen.
  4. Die Vernetzungsstellen bleiben der Dreh- und Angelpunkt!
    Die Arbeit der Vernetzungsstellen Schulverpflegung wird auch in den nächsten Jahren erforderlich bleiben. Wenn die Länder weiter ihren Beitrag leisten, dann wird auch der Bund die Arbeit der Vernetzungsstellen für Schulverpflegung weiter unterstützen. Ziel muss es ein, die Vernetzungsstellen fest als Beratungsstellen für Schulträger, Schulen und Verpflegungsanbieter zu verankern.
  5. Die Schüler sollen zu Botschaftern guten Schulessens werden!
    Die Schülerinnen und Schüler sind wichtige Seismographen für die Qualität der Verpflegung. Diejenigen, die das Essen täglich zu sich nehmen, sollten stärker mitreden, was auf die Teller kommt und wie es präsentiert wird. Dabei kann es nicht darum gehen, jeden Tag Pizza und Pommes auf den Tisch zu bringen. Schulessen muss Spaß machen, schmecken und gesund sein. Deshalb wird das BMEL einen Wettbewerb für engagierte Schüler und für erstklassiges Schulessen ausloben. Wer macht mit in der Kantine, wer hat innovative Vorschläge für den Speiseplan, wer meldet sich freiwillig als „Mensa-Tester“? Es sollen gute Ideen und Beispiele prämiert werden, die zur Nachahmung anregen.
  6. Weitere Informationen zur Veranstaltung, zur Studie über die Situation der Schulverpflegung in Deutschland und zu den IN FORM Aktivitäten des BMEL unter www.bmel.de, www.bundeskongress-schulverpflegung.de und www.in-form.de.